Adnoc winkt mit Offerte von fast zwölf Milliarden Euro für Covestro

Frankfurt (Reuters) – Der Ölriese Adnoc aus Abu Dhabi stößt nach monatelangem Werben um Covestro auf offene Türen bei dem Leverkusener Kunststoffkonzern.

“Wir haben in unseren Gesprächen mit Adnoc gute Fortschritte erzielt. Daher haben wir beschlossen, in konkrete Transaktionsverhandlungen mit Adnoc einzutreten”, erklärte Covestro-Chef Markus Steilemann am Montag. Der Ölkonzern habe nun eine mögliche Offerte über 62 Euro je Aktie in Aussicht gestellt, vorbehaltlich der Ergebnisse der Bücherprüfung bei Covestro. Voraussetzung dafür sei auch die Einigung über eine Investitionsvereinbarung. Die Gespräche sollen nun zügig vorangetrieben werden. Mehr Geld dürfte dabei nicht drin sein: Adnoc unterstrich, dass es sich um sein letztes Angebot handele.

Die Aktien von Covestro zogen in der Spitze mehr als sieben Prozent auf 55 Euro an. Damit standen sie so hoch wie seit knapp zweieinhalb Jahren nicht mehr. Mit einer Offerte über 62 Euro je Aktie wird Covestro mit gut 11,7 Milliarden Euro bewertet. “Wir begrüßen die Entscheidung der Covestro AG, eine bestätigende Due-Diligence-Prüfung auf Grundlage unseres finalen Angebots einzuleiten”, erklärte Adnoc.

Der Dax-Konzern Covestro wird bereits seit Sommer vergangenen Jahres von Adnoc umgarnt und hatte im September die Aufnahme von ergebnisoffenen Gesprächen bestätigt. Laut Insidern hatte der Ölriese im Dezember seine informelle unverbindliche Offerte auf rund 60 Euro je Aktie erhöht, damit aber keinen Durchbruch erzielt. Der Kunststoffkonzern bekräftigte seitdem immer wieder nur, dass man sich in ergebnisoffenen Gesprächen mit Adnoc befinde.

Der Vorstand geht nun davon aus, dass mit Adnoc ein “gemeinsames Grundverständnis” über die Kernthemen einer möglichen Transaktion einschließlich der Wachstumsstrategie des Unternehmens erzielt werden könne. Derzeit bestehe aber keine Gewissheit darüber, ob es am Ende tatsächlich zu einer Vereinbarung kommt. Seinen für Donnerstag geplanten Kapitalmarkttag verschob Covestro.

Covestro ist die ehemalige Kunststofftochter von Bayer, die der Pharma- und Agrarkonzern 2015 an die Börse gebracht hatte. Die knapp 7000 Beschäftigten von Covestro in Deutschland sind bis Ende 2028 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. Weltweit sind es rund 17.500 Mitarbeiter. Der Vorstand von Covestro hatte im September betont, in den Gesprächen mit Adnoc vor allem die weitere Umsetzung seiner nachhaltigkeitsorientierten Strategie einschließlich entsprechender Regelungen zur Corporate Governance thematisieren zu wollen. Die lange Dauer der Gespräche deute darauf hin, dass man bei vielen dieser Fragen wohl schon weit vorangekommen sei, erklärten die Analysten von Jefferies.

Eine Übernahme von Covestro würde dem Ölkonzern Adnoc, der auch Raffinerieprodukte und petrochemische Erzeugnisse herstellt, Zugang zu fortschrittlicheren Materialien verschaffen, die in Elektrofahrzeugen, Wärmedämmung für Gebäude sowie Beschichtungen, Klebstoffen und technischen Kunststoffen zum Einsatz kommen. Unter Vorstandschef Sultan Al Jaber will Adnoc in neue Energien, kohlenstoffarme Brennstoffe wie Ammoniak und Wasserstoff sowie Flüssigerdgas und Chemikalien vorstoßen.

Neben Covestro hat Adnoc auch die Kunststofftochter Borealis von OMV im Visier. Seit fast einem Jahr verhandelt Adnoc mit dem österreichischen Energiekonzern über eine Fusion der gemeinsamen Petrochemietöchter Borealis und Borouge[BOROUGE.AD]. Im Dezember beschloss Adnoc den Kauf eines Anteils am Düngemittelhersteller Fertiglobe für 3,6 Milliarden Dollar. Reuters erfuhr zudem im April von Insidern, dass das Unternehmen eine Übernahme des britischen Ölkonzerns BP erwogen hat.

(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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